Duino Elegies: A Bilingual Edition
We rearrange it, and fall apart ourselves.
Who has turned us around like this, so that
always, no matter what we do, we’re in the stance
of someone just departing? As he,
on the last hill that shows him all his valley
one last time, turns, stops, lingers—,
we live our lives, forever taking leave.
DIE NEUNTE ELEGIE
Warum, wenn es angeht, also die Frist des Daseins
hinzubringen, als Lorbeer, ein wenig dunkler als alles
andere Grün, mit kleinen Wellen an jedem
Blattrand (wie eines Windes Lächeln)—: warum dann
Menschliches müssen—und, Schicksal vermeidend,
sich sehnen nach Schicksal?…
Oh, nicht, weil Glück ist,
dieser voreilige Vorteil eines nahen Verlusts.
Nicht aus Neugier, oder zur Übung des Herzens,
das auch im Lorbeer wäre . . . . .
Aber weil Hiersein viel ist, und weil uns scheinbar
alles das Hiesige braucht, dieses Schwindende, das
seltsam uns angeht. Uns, die Schwindendsten. Ein Mal
jedes, nur ein Mal. Ein Mal und nichtmehr. Und wir auch
ein Mal. Nie wieder. Aber dieses
ein Mal gewesen zu sein, wenn auch nur ein Mal:
irdisch gewesen zu sein, scheint nicht widerrufbar.
Und so drängen wir uns und wollen es leisten,
wollens enthalten in unsern einfachen Händen,
im überfüllteren Blick und im sprachlosen Herzen.
Wollen es werden.—Wem es geben? Am liebsten
alles behalten für immer … Ach, in den andern Bezug,
wehe, was nimmt man hinüber? Nicht das Anschaun, das hier
langsam erlernte, und kein hier Ereignetes. Keins.
Also die Schmerzen. Also vor allem das Schwersein,
also der Liebe lange Erfahrung,—also
lauter Unsägliches. Aber später,
unter den Sternen, was soils: die sind besser unsäglich.
Bringt doch der Wanderer auch vom Hange des Bergrands
nicht eine Hand voll Erde ins Tal, die Allen unsägliche, sondern
ein erworbenes Wort, reines, den gelben und blaun
Enzian. Sind wir vielleicht hier, um zu sagen: Haus,
Brücke, Brunnen, Tor, Krug, Obstbaum, Fenster,—
höchstens: Säule, Turm.… aber zu sagen, verstehs,
oh zu sagen so, wie selber die Dinge niemals
innig meinten zu sein. Ist nicht die heimliche List
dieser verschwiegenen Erde, wenn sie die Liebenden drängt,
daß sich in ihrem Gefühl jedes und jedes entzückt?
Schwelle: was ists für zwei
Liebende, daß sie die eigne ältere Schwelle der Tür
ein wenig verbrauchen, auch sie, nach den vielen vorher
und vor den Künftigen.…, leicht.
Hier ist des Säglichen Zeit, hier seine Heimat.
Sprich und bekenn. Mehr als je
fallen die Dinge dahin, die erlebbaren, denn,
was sie verdrängend ersetzt, ist ein Tun ohne Bild.
Tun unter Krusten, die willig zerspringen, sobald
innen das Handeln entwächst und sich anders begrenzt.
Zwischen den Hämmern besteht
unser Herz, wie die Zunge
zwischen den Zähnen, die doch,
dennoch, die preisende bleibt.
Preise dem Engel die Welt, nicht die unsägliche, ihm
kannst du nicht großtun mit herrlich Erfühltem; im Weltall,
wo er fühlender fühlt, bist du ein Neuling. Drum zeig
ihm das Einfache, das, von Geschlecht zu Geschlechtern gestaltet,
als ein Unsriges lebt, neben der Hand und im Blick.
Sag ihm die Dinge. Er wird staunender stehn; wie du standest
bei dem Seiler in Rom, oder beim Töpfer am Nil.
Zeig ihm, wie glücklich ein Ding sein kann, wie schuldlos und unser,
wie selbst das klagende Leid rein zur Gestalt sich entschließt,
dient als ein Ding, oder stirbt in ein Ding—, und jenseits
selig der Geige entgeht.—Und diese, von Hingang
lebenden Dinge verstehn, daß du sie rühmst; vergänglich,
traun sie ein Rettendes uns, den Vergänglichsten, zu.
Wollen, wir sollen sie ganz im unsichtbarn Herzen verwandeln
in—o unendlich—in uns! Wer wir am Ende auch seien.
Erde, ist es nicht dies, was du willst: unsichtbar
in uns erstehn?—Ist es dein Traum nicht,
einmal unsichtbar zu sein?—Erde! unsichtbar!
Was, wenn Verwandlung nicht, ist dein drängender Auftrag?
Erde, du liebe, ich will. Oh glaub, es bedürfte
nicht deiner Frühlinge mehr, mich dir zu gewinnen—, einer,
ach, ein einziger ist schon dem Blute zu viel.
Namenlos bin ich zu dir entschlossen, von weit her.
Immer warst du im Recht, und dein heiliger Einfall
ist der vertrauliche Tod.
Siehe, ich lebe. Woraus? Weder Kindheit noch Zukunft
werden weniger . . . . . Überzähliges Dasein
entspringt mir im Herzen.
THE NINTH ELEGY
Why, when this span of life might be passed
as a laurel, slightly darker than everything else
green, with tiny waves on the edges
of each leaf (like the wind’s smile)—: why then
have to be human—and, fleeing destiny,
long for destiny?…
Oh, not for some dream of happiness,
that premature profit of an imminent loss.
Not out of curiosity, not to give practice to the heart,
which would also pulse with laurel . . . . .
But because life here compels us, and because everything here
seems to need us, all this fleetingness
that strangely entreats us. Us, the most fleeting …
Once for each thing, only once. Once and no more. And we, too,
only once. Never again. But to have been
once, even though only once:
this having been earthly seems lasting, beyond repeal.
And so we press on and try to achieve it,
try to contain it in our simple hands,
in our brimming eyes, our voiceless heart.
Try to become it. Try to give it—to whom? Best of all,
to hold on to it all forever … Ah, but what can one carry across
into that other relation? Not the art of seeing,
learned so slowly here, and no event that transpired here. Not one.
The pain, then. Above all, the hard labor of living,
the long experience of love, —all the purely
unsayable things. But later on,
among the stars, what then: there the unsayable reigns.
The traveler doesn’t bring from the mountain slope
into the valley some handful of sod, around which all stand mute,
but a word he’s gained, a pure word, the yellow and blue
gentian. What if we’re here just for saying: house,
bridge, fountain, gate, jug, fruit tree, window,—
at most: column, tower … but for saying, understand,
oh for such saying as the things themselves
never hoped so intensely to be. Isn’t this the sly purpose
of the taciturn earth, when it urges lovers on:
that in their passion each single thing should find ecstasy?
O Threshold: what must it mean for two lovers
to have their own older threshold and be wearing down so lightly
the ancient sill—, they too, after the many before,
before the many to come . . . . .
Here is the time for the sayable, here is its home.
Speak and attest. More than ever
the things we can live
with are falling away,
and ousting them, filling their place: a will with no image.
Will beneath crusts which readily crack
whenever the act inside swells and seeks new borders.
Between the hammers our heart
lives on, as the tongue,
even between the teeth, remains
unceasing in praise.
Praise the world to the Angel, not what’s unsayable.
You can’t impress him with lofty emotions; in the cosmos
that shapes his feelings, you’re a mere novice. Therefore show him
some simple object, formed from generation to generation
until it’s truly our own, dwelling near our hands and in our eyes.
Tell him of things. He’ll stand more amazed; as you stood
beside the ropemaker in Rome or by the potter along the Nile.
Show him how happy a thing can be, how innocent and ours,
how even sorrow’s lament resolves upon form,
serves as a thing or dies into a thing—, and in that blissful beyond
is unmoved even by the violin. —And these things
that keep alive on departure know that you praise them; transient,
they look to us, the most transient, to be their rescue.
They want us to change them completely, in our invisible hearts,
into—O endlessly—us! Whoever, finally, we may be.
Earth, isn’t that what you want: to arise
in us invisibly? Isn’t it your dream
to be invisible someday? Earth! Invisible!
What, if not transformation, is your urgent charge?
Earth, my darling, I will! Believe me, you need
no more of your springtimes to win me—, one,
just a single one, is already too much for my blood.
Nameless now, I am betrothed to you forever.
You’ve always been right, and your most sacred tenet
is Death the intimate Friend.
Look, I am living. On what? Neither childhood nor future
lessens . . . . . Superabundant existence
wells in my heart.
DIE ZEHNTE ELEGIE
Daß ich dereinst, an dem Ausgang der grimmigen Einsicht,
Jubel und Ruhm aufsinge zustimmenden Engeln.
Daß von den klar geschlagenen Hämmern des Herzens
keiner versage an weichen, zweifelnden oder
reißenden Saiten. Daß mich mein strömendes Antlitz
glänzender mache; daß das unscheinbare Weinen
blühe. O wie werdet ihr dann, Nächte, mir lieb sein,
gehärmte. Daß ich euch knieender nicht, untröstliche Schwestern,
hinnahm, nicht in euer gelöstes
Haar mich gelöster ergab. Wir, Vergeuder der Schmerzen.
Wie wir sie absehn voraus, in die traurige Dauer,
ob sie nicht enden vielleicht. Sie aber sind ja
unser winterwähriges Laub, unser dunkeles Sinngrün,
eine der Zeiten des heimlichen Jahres—, nicht nur
Zeit—, sind Stelle, Siedelung, Lager, Boden, Wohnort.
Freilich, wehe, wie fremd sind die Gassen der Leid-Stadt,
wo in der falschen, aus Übertönung gemachten
Stille, stark, aus der Gußform des Leeren der Ausguß
prahlt: der vergoldete Lärm, das platzende Denkmal.
O, wie spurlos zerträte ein Engel ihnen den Trostmarkt,
den die Kirche begrenzt, ihre fertig gekaufte:
reinlich und zu und enttäuscht wie ein Postamt am Sonntag.
Draußen aber kräuseln sich immer die Ränder von Jahrmarkt.
Schaukeln der Freiheit! Taucher und Gaukler des Eifers!
Und des behübschten Glücks figürliche Schießstatt,
wo es zappelt von Ziel und sich blechern benimmt,
wenn ein Geschickterer trifft. Von Beifall zu Zufall
taumelt er weiter; denn Buden jeglicher Neugier
werben, trommeln und plärrn. Für Erwachsene aber
ist noch besonders zu sehn, wie das Geld sich vermehrt, anatomisch,
nicht zur Belustigung nur: der Geschlechtsteil des Gelds,
alles, das Ganze, der Vorgang—, das unterrichtet und macht
fruchtbar . . . . . . . . .
.… Oh aber gleich darüber hinaus,
hinter der letzten Planke, beklebt mit Plakaten des ›Todlos‹,
jenes bitteren Biers, das den Trinkenden süß scheint,
wenn sie immer dazu frische Zerstreuungen kaun…,
gleich im Rücken der Planke, gleich dahinter, ists wirklich.
Kinder spielen, und Liebende halten einander,—abseits,
ernst, im ärmlichen Gras, und Hunde haben Natur.
Weiter noch zieht es den Jüngling; vielleicht, daß er eine junge
Klage liebt . . . . . Hinter ihr her kommt er in Wiesen. Sie sagt:
—Weit. Wir wohnen dort draußen.…
Wo? Und der Jüngling
folgt. Ihn rührt ihre Haltung. Die Schulter, der Hals—, vielleicht
ist sie von herrlicher Herkunft. Aber er läßt sie, kehrt um,
wendet sich, winkt … Was soils? Sie ist eine Klage.
Nur die jungen Toten, im ersten Zustand
zeitlosen Gleichmuts, dem der Entwöhnung,
folgen ihr liebend. Mädchen
wartet sie ab und befreundet sie. Zeigt ihnen leise,
was sie an sich hat. Perlen des Leids und die feinen
Schleier der Duldung.—Mit Jünglingen geht sie
schweigend.
Aber dort, wo sie wohnen, im Tal, der Älteren eine, der Klagen,
nimmt sich des Jünglinges an, wenn er fragt:—Wir waren,
sagt sie, ein Großes Geschlecht, einmal, wir Klagen. Die Väter
trieben den Bergbau dort in dem großen Gebirg; bei Menschen
findest du manchmal ein Stück geschliffenes Ur-Leid
oder, aus altem Vulkan, schlackig versteinerten Zorn.
Ja, das stammte von dort. Einst waren wir reich.—
Und sie leitet ihn leicht durch die weite Landschaft der Klagen,
zeigt ihm die Säulen der Tempel oder die Trümmer
jener Burgen, von wo Klage-Fürsten das Land
einstens weise beherrscht. Zeigt ihm die hohen
Tränenbäume und Felder blühender Wehmut,
(Lebendige kennen sie nur als sanftes Blattwerk);
zeigt ihm die Tiere der Trauer, weidend,—und manchmal
schreckt ein Vogel und zieht, flach ihnen fliegend durchs Aufschaun,
weithin das schriftliche Bild seines vereinsamten Schreis.—
Abends führt sie ihn hin zu den Gräbern der Alten
aus dem Klage-Geschlecht, den Sibyllen und Warn-Herrn.
Naht aber Nacht, so wandeln sie leiser, und bald
mondets empor, das über Alles
wachende Grab-Mal. Brüderlich jenem am Nil,
der erhabene Sphinx—: der verschwiegenen Kammer
Antlitz.
Und sie staunen dem krönlichen Haupt, das für immer,
schweigend, der Menschen Gesicht
auf die Waage der Sterne gelegt.
Nicht erfaßt es sein Blick, im Frühtod
schwindelnd. Aber ihr Schaun,
hinter dem Pschent-Rand hervor, scheucht es die Eule. Und sie,
streifend im langsamen Abstrich die Wange entlang,
jene der reifesten Rundung,
zeichnet weich in das neue
Totengehör, über ein doppelt
aufgeschlagenes Blatt, den unbeschreiblichen Umriß.
Und höher, die Sterne. Neue. Die Sterne des Leidlands.
Langsam nennt sie die Klage:—Hier,
siehe: den Reiter, den Stab, und das vollere Sternbild
nennen sie: Fruchtkranz. Dann, weiter, dem Pol zu:
Wiege; Weg; Das Brennende Buch; Puppe; Fenster.
Aber im südlichen Himmel, rein wie im Innern
einer gesegneten Hand, da
s klar erglänzende ›M‹,
das die Mütter bedeutet . . . . . . —
Doch der Tote muß fort, und schweigend bringt ihn die ältere
Klage bis an die Talschlucht,
wo es schimmert im Mondschein:
die Quelle der Freude. In Ehrfurcht
nennt sie sie, sagt:—Bei den Menschen
ist sie ein tragender Strom.—
Stehn am Fuß des Gebirgs,
Und da umarmt sie ihn, weinend.
Einsam steigt er dahin, in die Berge des Ur-Leids.
Und nicht einmal sein Schritt klingt aus dem tonlosen Los.
Aber erweckten sie uns, die unendlich Toten, ein Gleichnis,
siehe, sie zeigten vielleicht auf die Kätzchen der leeren
Hasel, die hängenden, oder
meinten den Regen, der fällt auf dunkles Erdreich im Frühjahr.—
Und wir, die an steigendes Glück
denken, empfänden die Rührung,
die uns beinah bestürzt,
wenn ein Glückliches fällt.
THE TENTH ELEGY
Someday, at the end of the nightmare of knowing,
may I emerge singing praise and jubilation to assenting angels.
May I strike my heart’s keys clearly, and may none fail
because of slack, uncertain, or fraying strings.
May the tears that stream down my face
make me more radiant: may my hidden weeping
bloom. How I will cherish you then, you grief-torn nights!
Had I only received you, inconsolable sisters,
on more abject knees, only buried myself with more abandon
in your loosened hair. How we waste our afflictions!
We study them, stare out beyond them into bleak continuance,
hoping to glimpse some end. Whereas they’re really
our wintering foliage, our dark greens of meaning, one
of the seasons of the clandestine year—; not only
a season—: they’re site, settlement, shelter, soil, abode.
Ah, but the City of Pain: how strange its streets are:
the false silence of sound drowning sound,
and there—proud, brazen, effluence from the mold of emptiness—
the gilded hubbub, the bursting monument.
How an Angel would stamp out their market of solaces,
set up alongside their church bought to order:
clean and closed and woeful as a post office on Sunday.
Outside, though, there’s always the billowing edge of the fair.
Swings of Freedom! High-divers and Jugglers of Zeal!
And the shooting gallery with its figures of idiot Happiness