im versprechlichen Spiel.… Und vor sich, den Sommer.

  Nicht nur die Morgen alle des Sommers—, nicht nur

  wie sie sich wandeln in Tag und strahlen vor Anfang.

  Nicht nur die Tage, die zart sind um Blumen, und oben,

  um die gestalteten Bäume, stark und gewaltig.

  Nicht nur die Andacht dieser entfalteten Kräfte,

  nicht nur die Wege, nicht nur die Wiesen im Abend,

  nicht nur, nach spätem Gewitter, das atmende Klarsein,

  nicht nur der nahende Schlaf und ein Ahnen, abends …

  sondern die Nächte! Sondern die hohen, des Sommers,

  Nächte, sondern die Sterne, die Sterne der Erde.

  O einst tot sein und sie wissen unendlich,

  alle die Sterne: denn wie, wie, wie sie vergessen!

  Siehe, da rief ich die Liebende. Aber nicht sie nur

  käme … Es kämen aus schwächlichen Gräbern

  Mädchen und ständen … Denn, wie beschränk ich,

  wie, den gerufenen Ruf? Die Versunkenen suchen

  immer noch Erde.—Ihr Kinder, ein hiesig

  einmal ergriffenes Ding gälte für viele.

  Glaubt nicht, Schicksal sei mehr, als das Dichte der Kindheit;

  wie überholtet ihr oft den Geliebten, atmend,

  atmend nach seligem Lauf, auf nichts zu, ins Freie.

  Hiersein ist herrlich. Ihr wußtet es, Mädchen, ihr auch,

  die ihr scheinbar entbehrtet, versankt—, ihr, in den ärgsten

  Gassen der Städte, Schwärende, oder dem Abfall

  Offene. Denn eine Stunde war jeder, vielleicht nicht

  ganz eine Stunde, ein mit den Maßen der Zeit kaum

  Meßliches zwischen zwei Weilen—, da sie ein Dasein

  hatte. Alles. Die Adern voll Dasein.

  Nur, wir vergessen so leicht, was der lachende Nachbar

  uns nicht bestätigt oder beneidet. Sichtbar

  wollen wirs heben, wo doch das sichtbarste Glück uns

  erst zu erkennen sich giebt, wenn wir es innen verwandeln.

  Nirgends, Geliebte, wird Welt sein, als innen. Unser

  Leben geht hin mit Verwandlung. Und immer geringer

  schwindet das Außen. Wo einmal ein dauerndes Haus war,

  schlägt sich erdachtes Gebild vor, quer, zu Erdenklichem

  völlig gehörig, als ständ es noch ganz im Gehirne.

  Weite Speicher der Kraft schafft sich der Zeitgeist, gestaltlos

  wie der spannende Drang, den er aus allem gewinnt.

  Tempel kennt er nicht mehr. Diese, des Herzens, Verschwendung

  sparen wir heimlicher ein. Ja, wo noch eins übersteht,

  ein einst gebetetes Ding, ein gedientes, geknietes—,

  hält es sich, so wie es ist, schon ins Unsichtbare hin.

  Viele gewahrens nicht mehr, doch ohne den Vorteil,

  daß sie’s nun innerlich baun, mit Pfeilern und Statuen, größer!

  Jede dumpfe Umkehr der Welt hat solche Enterbte,

  denen das Frühere nicht und noch nicht das Nächste gehört.

  Denn auch das Nächste ist weit für die Menschen. Uns soll

  dies nicht verwirren; es stärke in uns die Bewahrung

  der noch erkannten Gestalt.—Dies stand einmal unter Menschen,

  mitten im Schicksal stands, im vernichtenden, mitten

  im Nichtwissen-Wohin stand es, wie seiend, und bog

  Sterne zu sich aus gesicherten Himmeln. Engel,

  dir noch zeig ich es, da! in deinem Anschaun

  steh es gerettet zuletzt, nun endlich aufrecht.

  Säulen, Pylone, der Sphinx, das strebende Stemmen,

  grau aus vergehender Stadt oder aus fremder, des Doms.

  War es nicht Wunder? O staune, Engel, denn wir sinds,

  wir, o du Großer, erzähls, daß wir solches vermochten, mein Atem

  reicht für die Rühmung nicht aus. So haben wir dennoch

  nicht die Räume versäumt, diese gewährenden, diese

  unseren Räume. (Was müssen sie fürchterlich groß sein,

  da sie Jahrtausende nicht unseres Fühlns überfülln.)

  Aber ein Turm war groß, nicht wahr? O Engel, er war es,—

  groß, auch noch neben dir? Chartres war groß—, und Musik

  reichte noch weiter hinan und überstieg uns. Doch selbst nur

  eine Liebende—, oh, allein am nächtlichen Fenster.…

  reichte sie dir nicht ans Knie—?

  Glaub nicht, daß ich werbe.

  Engel, und würb ich dich auch! Du kommst nicht. Denn mein

  Anruf ist immer voll Hinweg; wider so starke

  Strömung kannst du nicht schreiten. Wie ein gestreckter

  Arm ist mein Rufen. Und seine zum Greifen

  oben offene Hand bleibt vor dir

  offen, wie Abwehr und Warnung,

  Unfaßlicher, weitauf.

  THE SEVENTH ELEGY

  No longer, voice. No longer let wooing send forth your cry:

  you’re past that. Even though your cry would be clear as a bird’s

  when first Spring bears him aloft, almost forgetting

  that he’s a cautious creature and not an unsheathed heart

  being flung into brightness, into passionate skies.

  Like him, with all his art, you’d also woo—: invisibly,

  so that some silent mate might learn of you, and,

  as she listened, a reply would slowly wake and grow warm—

  the kindled complement of your own ardent feeling.

  O and Spring would understand—, annunciation

  would echo everywhere. First those small

  questioning notes, which a clear, confident day

  would surround with heightening silence.

  Then up the calls, up that long flight of steps to the dreamt-of

  temple of the future—; then the trill, that fountain,

  whose urgent jet is teased by its falling

  where promise is foreplay … And on ahead, the summer.

  Not only all of summer’s dawns—, not only

  how they change into day and gleam with genesis.

  Not only the days, so tender around flowers, and above,

  in the patterned treetops, so forceful and strong.

  Not only the calm reverence in these outspread powers,

  not only the paths, the meadows as evening deepens,

  not only, after late thunderstorms, the pulsing clarity,

  not only the onset of sleep and, near dusk, a premonition …

  But the nights! Those towering summer

  nights! And the stars, the stars of the earth!

  O to be dead and to know them endlessly,

  all the stars: for how, how, how to forget them!

  And thus: I’d call my lover. But not only she

  would come … Other girls would come from crumbling graves

  and stand before me … For could I limit

  my call to just one? The interred seek

  the earth’s surface forever. —You children: one present thing

  truly grasped would count for so many!

  The whole of destiny crowds into childhood;

  how often you would overtake your lover, panting,

  panting from the blissful chase, aimless, breaking into freedom.

  Life here is magic. Even you knew that, you girls

  who seemed deprived of it, who were trapped in the city’s

  vilest streets, festering there, or cast aside

  for rubbish. For each of you there was an hour, perhaps

  not even a full hour, but between two intervals

  a space not marked by the measures of time—,

  when you had an existence. Everything. Veins filled with existence.

  But we so easily forget what our laughing neighbor

  neither covets nor confirms. We want to lift it up

  and show it, even though the most visible happiness

  only reveals itself when we’ve transformed it, within
.

  Nowhere, Love, will World exist but within. Our lives

  pass in transformation. And all the while the outside realm

  diminishes. Where once a solid house endured,

  some abstraction shoves itself into view, completely at ease

  among concepts, as if it still stood in the brain.

  The Zeitgeist is building vast reservoirs of power, formless

  as the thrusting energy it wrests from everything.

  It no longer recognizes temples. Furtively we hoard

  what the heart once lavished. Where one of them still survives,

  an object once prayed to, revered, knelt before—,

  it’s already reaching, secretly, into the invisible world.

  Many no longer see it, yet without the gain

  of rebuilding it greater now, with pillars and statues, within!

  Each dull turn of the world leaves such disinherited,

  to whom neither the past nor the coming life lends substance.

  For to humans even what comes next lies far away.

  This ought not baffle us but strengthen our defense

  of a still recognized form. —This once stood amidst men,

  stood amidst Fate, the destroyer, stood

  amidst Not-Knowing-Whither, as if it were alive there,

  and arched stars closer from safeguarded heavens.

  Angel, now you shall see it, too—there! In your gaze

  it stands secured at last, erect for eternity.

  Pillars, pylons, the Sphinx, the cathedral’s

  gray upward striving from a vanishing or alien city.

  Miracles! O stand in wonder, Angel, for it was us,

  O great one, us, tell the others of these things we added: my breath

  is insufficient for such praise. So then we haven’t

  failed these generous spaces—, these spaces

  that are ours. (How frighteningly vast they must be,

  after millennia of our feelings not overflowing.)

  But one tower was great, was it not? O Angel, it was,—

  even next to you. Chartres was great—, and music

  rose still higher, soared beyond us. But even

  just one woman in love, alone, at night, at her window …

  didn’t she reach your knee—?

  Don’t think I’m wooing.

  Angel, and even if I were—you wouldn’t come. For my

  appeal is always full of “Away!” Against

  so strong a current you cannot advance. My call is like

  an outstretched arm. And its raised hand, tensed

  as for grasping, remains before you

  always, defense and warning,

  Ungraspable One—palm out, wide open.

  DIE ACHTE ELEGIE

  Rudolf Kassner zugeeignet

  Mit allen Augen sieht die Kreatur

  das Offene. Nur unsre Augen sind

  wie umgekehrt und ganz um sie gestellt

  als Fallen, rings um ihren freien Ausgang.

  Was draußen ist, wir wissens aus des Tiers

  Antlitz allein; denn schon das frühe Kind

  wenden wir um und zwingens, daß es rückwärts

  Gestaltung sehe, nicht das Offne, das

  im Tiergesicht so tief ist. Frei von Tod.

  Ihn sehen wir allein; das freie Tier

  hat seinen Untergang stets hinter sich

  und vor sich Gott, und wenn es geht, so gehts

  in Ewigkeit, so wie die Brunnen gehen.

  Wir haben nie, nicht einen einzigen Tag,

  den reinen Raum vor uns, in den die Blumen

  unendlich aufgehn. Immer ist es Welt

  und niemals Nirgends ohne Nicht: das Reine,

  Unüberwachte, das man atmet und

  unendlich weiβ und nicht begehrt. Als Kind

  verliert sich eins im Stilln an dies und wird

  gerüttelt. Oder jener stirbt und ists.

  Denn nah am Tod sieht man den Tod nicht mehr

  und starrt hinaus, vielleicht mit großem Tierblick.

  Liebende, wäre nicht der andre, der

  die Sicht verstellt, sind nah daran und staunen …

  Wie aus Versehn ist ihnen aufgetan

  hinter dem andern … Aber über ihn

  kommt keiner fort, und wieder wird ihm Welt.

  Der Schöpfung immer zugewendet, sehn

  wir nur auf ihr die Spiegelung des Frein,

  von uns verdunkelt. Oder daß ein Tier,

  ein stummes, aufschaut, ruhig durch uns durch.

  Dieses heißt Schicksal: gegenüber sein

  und nichts als das und immer gegenüber.

  Wäre Bewußtheit unsrer Art in dem

  sicheren Tier, das uns entgegenzieht

  in anderer Richtung—, riß es uns herum

  mit seinem Wandel. Doch sein Sein ist ihm

  unendlich, ungefaßt und ohne Blick

  auf seinen Zustand, rein, so wie sein Ausblick.

  Und wo wir Zukunft sehn, dort sieht es Alles

  und sich in Allem und geheilt für immer.

  Und doch ist in dem wachsam warmen Tier

  Gewicht und Sorge einer großen Schwermut.

  Denn ihm auch haftet immer an, was uns

  oft überwältigt,—die Erinnerung,

  als sei schon einmal das, wonach man drängt,

  näher gewesen, treuer und sein Anschluß

  unendlich zärtlich. Hier ist alles Abstand,

  und dort wars Atem. Nach der ersten Heimat

  ist ihm die zweite zwitterig und windig.

  O Seligkeit der kleinen Kreatur,

  die immer bleibt im Schooße, der sie austrug;

  o Glück der Mücke, die noch innen hüpft,

  selbst wenn sie Hochzeit hat: denn Schooß ist Alles.

  Und sieh die halbe Sicherheit des Vogels,

  der beinah beides weiß aus seinem Ursprung,

  als wär er eine Seele der Etrusker,

  aus einem Toten, den ein Raum empfing,

  doch mit der ruhenden Figur als Deckel.

  Und wie bestürzt ist eins, das fliegen muß

  und stammt aus einem Schooß. Wie vor sich selbst

  erschreckt, durchzuckts die Luft, wie wenn ein Sprung

  durch eine Tasse geht. So reißt die Spur

  der Fledermaus durchs Porzellan des Abends.

  Und wir: Zuschauer, immer, überall,

  dem allen zugewandt und nie hinaus!

  Uns überfüllts. Wir ordnens. Es zerfällt.

  Wir ordnens wieder und zerfallen selbst.

  Wer hat uns also umgedreht, daß wir,

  was wir auch tun, in jener Haltung sind

  von einem, welcher fortgeht? Wie er auf

  dem letzten Hügel, der ihm ganz sein Tal

  noch einmal zeigt, sich wendet, anhält, weilt—,

  so leben wir und nehmen immer Abschied.

  THE EIGHTH ELEGY

  Dedicated to Rudolf Kassner

  With all its eyes the animal world

  beholds the Open. Only our eyes

  are as if inverted and set all around it

  like traps at its portals to freedom.

  What’s outside we only know from the animal’s

  countenance; for almost from the first we take a child

  and twist him round and force him to gaze

  backwards and take in structure, not the Open

  that lies so deep in an animal’s face. Free from death.

  Only we see death; the free animal has its demise

  perpetually behind it and before it always

  God, and when it moves, it moves into eternity,

  the way brooks and running springs move.

  We, though: never, not for a single day, do we

  have that pure space ahead of us into which flowers

  endlessly open. What we have is World

  and always World and never Nowhere-Without-Not:

  that pure unguarded element one breathes

  and knows endlessly
and never craves. As a child

  one gets lost there in the quiet, only to be

  jostled back. Or someone dying is it.

  For close to death one sees death no longer

  and stares out instead, perhaps with the wide gaze of animals.

  Lovers (were not the loved one there,

  obstructing the view) draw near it and marvel …

  Beyond the loved one, as if by accident,

  the realm is glimpsed … But no one

  gets beyond the other, and so World returns again.

  Always turned so fervently toward creation,

  we see only the reflection of the Open,

  which our own presence darkens. Or sometimes

  a mute animal looks up and stares straight through us.

  That’s what destiny is: being opposite

  and nothing else but that and always opposite.

  If the assured animal that approaches us

  on such a different path had in it consciousness

  like ours—, it would wheel us round

  and make us change our lives. But its existence

  is for it infinite, ungrasped, completely

  without reflection—, pure, like its outward gaze.

  And where we see Future it sees Everything

  and itself in Everything and healed forever.

  And yet, upon that warm, alert animal

  is the weight and care of an enormous sadness.

  For what sometimes overwhelms us always

  clings to it, too—a kind of memory that tells us

  that what we’re now striving for was once

  nearer and truer and attached to us

  with infinite tenderness. Here all is distance,

  there it was breath. After the first home

  the second one seems draughty and strangely sexed.

  O bliss of the tiny creatures, that live

  their whole lives in the womb that brought them forth!

  O joy of the gnat, which still leaps within,

  even when it weds: for womb is all!

  And look at the half-assurance of the bird,

  from the manner of its birth almost knowing both worlds—

  as if it were the soul of an Etruscan, released

  from a dead man sealed in a space

  that has his reclining figure for a lid.

  And how confused is any womb-born creature

  that has to fly! As if frightened

  of its own self, it zigzags through the air

  like a crack through a teacup. The way a bat’s trace

  crazes the porcelain of evening.

  And we: Spectators, always, everywhere,

  looking at, never out of, everything!

  It overfills us. We arrange it. It falls apart.