ganz eine Stunde, ein mit den Maßen der Zeit kaum
Meßliches zwischen zwei Weilen—, da sie ein Dasein
hatte. Alles. Die Adern voll Dasein.
Nur, wir vergessen so leicht, was der lachende Nachbar
uns nicht bestätigt oder beneidet. Sichtbar
wollen wirs heben, wo doch das sichtbarste Glück uns
erst zu erkennen sich giebt, wenn wir es innen verwandeln.
Nirgends, Geliebte, wird Welt sein, als innen. Unser
Leben geht hin mit Verwandlung. Und immer geringer
schwindet das Außen. Wo einmal ein dauerndes Haus war,
schlägt sich erdachtes Gebild vor, quer, zu Erdenklichem
völlig gehörig, als ständ es noch ganz im Gehirne.
Weite Speicher der Kraft schafft sich der Zeitgeist, gestaltlos
wie der spannende Drang, den er aus allem gewinnt.
but also the nights! But also the lofty summer
nights, and the stars as well, the stars of the earth.
Oh to be dead at last and know them endlessly,
all the stars: for how, how could we ever forget them!
Look, I was calling for my lover. But not just she
would come … Out of their fragile graves
girls would arise and gather … For how could I limit
the call, once I called it? These unripe spirits keep seeking
the earth.—Children, one earthly Thing
truly experienced, even once, is enough for a lifetime.
Don’t think that fate is more than the density of childhood;
how often you outdistanced the man you loved, breathing, breathing
after the blissful chase, and passed on into freedom.
Truly being here is glorious. Even you knew it,
you girls who seemed to be lost, to go under—, in the filthiest
streets of the city, festering there, or wide open
for garbage. For each of you had an hour, or perhaps
not even an hour, a barely measurable time
between two moments—, when you were granted a sense
of being. Everything. Your veins flowed with being.
But we can so easily forget what our laughing neighbor
neither confirms nor envies. We want to display it,
to make it visible, though even the most visible happiness
can’t reveal itself to us until we transform it, within.
Nowhere, Beloved, will world be but within us. Our life
passes in transformation. And the external
shrinks into less and less. Where once an enduring house was,
now a cerebral structure crosses our path, completely
belonging to the realm of concepts, as though it still stood in the brain.
Our age has built itself vast reservoirs of power,
formless as the straining energy that it wrests from the earth.
Tempel kennt er nicht mehr. Diese, des Herzens, Verschwendung
sparen wir heimlicher ein. Ja, wo noch eins übersteht,
ein einst gebetetes Ding, ein gedientes, geknietes—,
hält es sich, so wie es ist, schon ins Unsichtbare hin.
Viele gewahrens nicht mehr, doch ohne den Vorteil,
daß sie’s nun innerlich baun, mit Pfeilern und Statuen, größer!
Jede dumpfe Umkehr der Welt hat solche Enterbte,
denen das Frühere nicht und noch nicht das Nächste gehört.
Denn auch das Nächste ist weit für die Menschen. Uns soll
dies nicht verwirren; es stärke in uns die Bewahrung
der noch erkannten Gestalt.—Dies stand einmal unter Menschen,
mitten im Schicksal stands, im vernichtenden, mitten
im Nichtwissen-Wohin stand es, wie seiend, und bog
Sterne zu sich aus gesicherten Himmeln. Engel,
dir noch zeig ich es, da! in deinem Anschaun
steh es gerettet zuletzt, nun endlich aufrecht.
Säulen, Pylone, der Sphinx, das strebende Stemmen,
grau aus vergehender Stadt oder aus fremder, des Doms.
War es nicht Wunder? O staune, Engel, denn wir sinds,
wir, o du Großer, erzähls, daß wir solches vermochten, mein Atem
reicht für die Rühmung nicht aus. So haben wir dennoch
nicht die Räume versäumt, diese gewährenden, diese
unseren Räume. (Was müssen sie fürchterlich groß sein,
da sie Jahrtausende nicht unseres Fühlns überfülln.)
Aber ein Turm war groß, nicht wahr? O Engel, er war es,—
groß, auch noch neben dir? Chartres war groß—, und Musik
Temples are no longer known. It is we who secretly save up
these extravagances of the heart. Where one of them still survives,
a Thing that was formerly prayed to, worshipped, knelt before—
just as it is, it passes into the invisible world.
Many no longer perceive it, yet miss the chance
to build it inside themselves now, with pillars and statues: greater.
Each torpid turn of the world has such disinherited ones,
to whom neither the past belongs, nor yet what has nearly arrived.
For even the nearest moment is far from mankind. Though we
should not be confused by this, but strengthened in our task of preserving
the still-recognizable form.—This once stood among mankind,
in the midst of Fate the annihilator, in the midst
of Not-Knowing-Whither, it stood as if enduring, and bent
stars down to it from their safeguarded heavens. Angel,
to you I will show it, there! in your endless vision
it shall stand, now finally upright, rescued at last.
Pillars, pylons, the Sphinx, the striving thrust
of the cathedral, gray, from a fading or alien city.
Wasn’t all this a miracle? Be astonished, Angel, for we
are this, O Great One; proclaim that we could achieve this, my breath
is too short for such praise. So, after all, we have not
failed to make use of these generous spaces, these
spaces of ours. (How frighteningly great they must be,
since thousands of years have not made them overflow with our feelings.)
But a tower was great, wasn’t it? Oh Angel, it was—
even when placed beside you? Chartres was great—, and music
reichte noch weiter hinan und überstieg uns. Doch selbst nur
eine Liebende—, oh, allein am nächtlichen Fenster.…
reichte sie dir nicht ans Knie—?
Glaub nicht, daß ich werbe.
Engel, und würb ich dich auch! Du kommst nicht. Denn mein
Anruf ist immer voll Hinweg; wider so starke
Strömung kannst du nicht schreiten. Wie ein gestreckter
Arm ist mein Rufen. Und seine zum Greifen
oben offene Hand bleibt vor dir
offen, wie Abwehr und Warnung,
Unfaßlicher, weitauf.
reached still higher and passed far beyond us. But even
a woman in love—, oh alone at night by her window.…
didn’t she reach your knee—?
Don’t think that I’m wooing.
Angel, and even if I were, you would not come. For my call
is always filled with departure; against such a powerful
current you cannot move. Like an outstretched arm
is my call. And its hand, held open and reaching up
to seize, remains in front of you, open
as if in defense and warning,
Ungraspable One, far above.
DIE ACHTE ELEGIE
Rudolf Kassner zugeeignet
Mit allen Augen sieht die Kreatur
das Offene. Nur unsre Augen sind
wie umgekehrt und ganz um sie gestellt
als Fallen, rings um ihren freien Ausgang.
Was draußen is
t, wir wissens aus des Tiers
Antlitz allein; denn schon das frühe Kind
wenden wir um und zwingens, daß es rückwärts
Gestaltung sehe, nicht das Offne, das
im Tiergesicht so tief ist. Frei von Tod.
Ihn sehen wir allein; das freie Tier
hat seinen Untergang stets hinter sich
und vor sich Gott, und wenn es geht, so gehts
in Ewigkeit, so wie die Brunnen gehen.
Wir haben nie, nicht einen einzigen Tag,
den reinen Raum vor uns, in den die Blumen
unendlich aufgehn. Immer ist es Welt
und niemals Nirgends ohne Nicht: das Reine,
Unüberwachte, das man atmet und
unendlich weiβ und nicht begehrt. Als Kind
verliert sich eins im Stilin an dies und wird
gerüttelt. Oder jener stirbt und ists.
Denn nah am Tod sieht man den Tod nicht mehr
und starrt hinaus, vielleicht mit großem Tierblick.
Liebende, wäre nicht der andre, der
die Sicht verstellt, sind nah daran und staunen …
Wie aus Versehn ist ihnen aufgetan
hinter dem andern … Aber über ihn
kommt keiner fort, und wieder wird ihm Welt.
Der Schöpfung immer zugewendet, sehn
wir nur auf ihr die Spiegelung des Frein,
von uns verdunkelt. Oder daß ein Tier,
ein stummes, aufschaut, ruhig durch uns durch.
THE EIGHTH ELEGY
Dedicated to Rudolf Kassner
With all its eyes the natural world looks out
into the Open. Only our eyes are turned
backward, and surround plant, animal, child
like traps, as they emerge into their freedom.
We know what is really out there only from
the animal’s gaze; for we take the very young
child and force it around, so that it sees
objects—not the Open, which is so
deep in animals’ faces. Free from death.
We, only, can see death; the free animal
has its decline in back of it, forever,
and God in front, and when it moves, it moves
already in eternity, like a fountain.
Never, not for a single day, do we have
before us that pure space into which flowers
endlessly open. Always there is World
and never Nowhere without the No: that pure
unseparated element which one breathes
without desire and endlessly knows. A child
may wander there for hours, through the timeless
stillness, may get lost in it and be
shaken back. Or someone dies and is it.
For, nearing death, one doesn’t see death; but stares
beyond, perhaps with an animal’s vast gaze.
Lovers, if the beloved were not there
blocking the view, are close to it, and marvel …
As if by some mistake, it opens for them
behind each other … But neither can move past
the other, and it changes back to World.
Forever turned toward objects, we see in them
the mere reflection of the realm of freedom,
which we have dimmed. Or when some animal
mutely, serenely, looks us through and through.
Dieses heißt Schicksal: gegenüber sein
und nichts als das und immer gegenüber.
Wäre Bewußtheit unsrer Art in dem
sicheren Tier, das uns entgegenzieht
in anderer Richtung—, riß es uns herum
mit seinem Wandel. Doch sein Sein ist ihm
unendlich, ungefaßt und ohne Blick
auf seinen Zustand, rein, so wie sein Ausblick.
Und wo wir Zukunft sehn, dort sieht es Alles
und sich in Allem und geheilt für immer.
Und doch ist in dem wachsam warmen Tier
Gewicht und Sorge einer großen Schwermut.
Denn ihm auch haftet immer an, was uns
oft überwältigt,—die Erinnerung,
als sei schon einmal das, wonach man drängt,
näher gewesen, treuer und sein Anschluß
unendlich zärtlich. Hier ist alles Abstand,
und dort wars Atem. Nach der ersten Heimat
ist ihm die zweite zwitterig und windig.
O Seligkeit der kleinen Kreatur,
die immer bleibt im Schooße, der sie austrug;
o Glück der Mücke, die noch innen hüpft,
selbst wenn sie Hochzeit hat: denn Schooß ist Alles.
Und sieh die halbe Sicherheit des Vogels,
der beinah beides weiß aus seinem Ursprung,
als wär er eine Seele der Etrusker,
aus einem Toten, den ein Raum empfing,
doch mit der ruhenden Figur als Deckel.
Und wie bestürzt ist eins, das fliegen muß
und stammt aus einem Schooß. Wie vor sich selbst
erschreckt, durchzuckts die Luft, wie wenn ein Sprung
durch eine Tasse geht. So reißt die Spur
der Fledermaus durchs Porzellan des Abends.
Und wir: Zuschauer, immer, überall,
dem allen zugewandt und nie hinaus!
That is what fate means: to be opposite,
to be opposite and nothing else, forever.
If the animal moving toward us so securely
in a different direction had our kind of
consciousness—, it would wrench us around and drag us
along its path. But it feels its life as boundless,
unfathomable, and without regard
to its own condition: pure, like its outward gaze.
And where we see the future, it sees all time
and itself within all time, forever healed.
Yet in the alert, warm animal there lies
the pain and burden of an enormous sadness.
For it too feels the presence of what often
overwhelms us: a memory, as if
the element we keep pressing toward was once
more intimate, more true, and our communion
infinitely tender. Here all is distance;
there it was breath. After that first home,
the second seems ambiguous and drafty.
Oh bliss of the tiny creature which remains
forever inside the womb that was its shelter;
joy of the gnat which, still within, leaps up
even at its marriage: for everything is womb.
And look at the half-assurance of the bird,
which knows both inner and outer, from its source,
as if it were the soul of an Etruscan,
flown out of a dead man received inside a space,
but with his reclining image as the lid.
And how bewildered is any womb-born creature
that has to fly. As if terrified and fleeing
from itself, it zigzags through the air, the way
a crack runs through a teacup. So the bat
quivers across the porcelain of evening.
And we: spectators, always, everywhere,
turned toward the world of objects, never outward.
Uns überfüllts. Wir ordnens. Es zerfällt.
Wir ordnens wieder und zerfallen selbst.
Wer hat uns also umgedreht, daß wir,
was wir auch tun, in jener Haltung sind
von einem, welcher fortgeht? Wie er auf
dem letzten Hügel, der ihm ganz sein Tal
noch einmal zeigt, sich wendet, anhält, weilt—,
so leben wir und nehmen immer Abschied.
It fills us. We arrange it. It breaks down.
We rearrange it, then break down ourselves.
Who has twisted us around like this, so that
no matter what we do, we are in the posture
of someone going away? Just as, upon
the farthest hill, wh
ich shows him his whole valley
one last time, he turns, stops, lingers—,
so we live here, forever taking leave.
DIE NEUNTE ELEGIE
Warum, wenn es angeht, also die Frist des Daseins
hinzubringen, als Lorbeer, ein wenig dunkler als alle
andere Grün, mit kleinen Wellen an jedem
Blattrand (wie eines Windes Lächeln)—: warum dann
Menschliches müssen—und, Schicksal vermeidend,
sich sehnen nach Schicksal?…
Oh, nicht, weil Glück ist,
dieser voreilige Vorteil eines nahen Verlusts.
Nicht aus Neugier, oder zur Übung des Herzens,
das auch im Lorbeer wäre.….
Aber weil Hiersein viel ist, und weil uns scheinbar
alles das Hiesige braucht, dieses Schwindende, das
seltsam uns angeht. Uns, die Schwindendsten. Ein Mal
jedes, nur ein Mal. Ein Mal und nichtmehr. Und wir auch
ein Mal. Nie wieder. Aber dieses
ein Mal gewesen zu sein, wenn auch nur ein Mal:
irdisch gewesen zu sein, scheint nicht widerrufbar.
Und so drängen wir uns und wollen es leisten,
wollens enthalten in unsern einfachen Händen,
im überfüllteren Blick und im sprachlosen Herzen.
Wollen es werden.—Wem es geben? Am liebsten
alles behalten für immer … Ach, in den andern Bezug,
wehe, was nimmt man hinüber? Nicht das Anschaun, das hier
langsam erlernte, und kein hier Ereignetes. Keins.
Also die Schmerzen. Also vor allem das Schwersein,
also der Liebe lange Erfahrung,—also
lauter Unsägliches. Aber später,
unter den Sternen, was soils: die sind besser unsäglich.
Bringt doch der Wanderer auch vom Hange des Bergrands
THE NINTH ELEGY
Why, if this interval of being can be spent serenely
in the form of a laurel, slightly darker than all
other green, with tiny waves on the edges
of every leaf (like the smile of a breeze)—: why then
have to be human—and, escaping from fate,
keep longing for fate?…
Oh not because happiness exists,